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Seltene Nierenerkrankungen im Fokus
Erster PatientInnen-Tag des CeRKiD an der Charité
Am 14. Juni 2025 fand im traditionsreichen Kaiserin-Friedrich-Haus in Berlin der erste Tag für Patientinnen und Patienten des Zentrums für seltenen Nierenkrankheiten, Center for Rare Kidney Diseases (CeRKiD) der Charité – Universitätsmedizin Berlin statt. Dieses Zentrum wurde 2018 gegründet, ist auditiertes Mitglied des Europäischen Referenznetzwerks für seltene Nierenkrankheiten (ERKNet) und betreut Patientinnen und Patienten weit über Berlin hinaus. Die Veranstaltung stand ganz im Zeichen der seltenen und genetisch bedingten Nierenerkrankungen. Obwohl diese Krankheiten für sich genommen selten sind, betreffen sie insgesamt fast ein Drittel derjenigen, die von einer chronischen Nierenkrankheit betroffen sind. Auch ADTKD Vision Cure e. V. war vertreten.
Seltene Nierenerkrankungen stellen für Betroffene, ihre Angehörigen und auch für die medizinische Versorgung besondere Herausforderungen dar. Umso wichtiger ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit von klinischer Medizin und Forschung mit den Betroffenen, die im Rahmen des CeRKiD aktiv gelebt wird. Dies betonten auch die wissenschaftlichen Leiter der Veranstaltung, Prof. Dr. Jan Halbritter und Prof. Dr. Kai-Uwe Eckardt, in ihren einführenden Worten.
Im Eröffnungsvortrag gab Prof. Halbritter einen umfassenden Überblick über die
Vielfalt seltener und genetisch bedingter Nierenerkrankungen. Besonders hob er dabei die Bedeutung der
genetischen Diagnostik und die Relevanz von genetischen Befunden für die Betroffenen und ihre Familien hervor.
Dr. Bernt Popp, der als
Humangenetiker für die genetische Diagnostik von Nierenkrankheiten an der Charité (Labor Berlin) zuständig ist, stellte sehr anschaulich die Grundlagen von vererbten Krankheiten und die modernen Möglichkeiten der Gensequenzierung dar.
Im
Kindesalter ist der Anteil seltener Erkrankungen an allen Nierenkrankheiten noch höher als im Erwachsenenalter. Die besonderen Herausforderungen für die Eltern der Erkrankten wurden eindrucksvoll von
Privatdozentin Dr. Julia Thumfart, Leiterin der Kindernephrologie an der Charité, dargestellt. Sie betonte auch die Bedeutung eines gut begleiteten Übergangs von der Kinder- zur Erwachsenenmedizin (Transition).
Einen zentralen Platz im Programm nahm das Thema der Selbsthilfe ein. Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Selbsthilfegruppen, die zum Teil von weither angereist waren, stellten ihre Organisationen vor und boten wertvolle Einblicke in ihre Arbeit. Von PKD-Cure über die Alport-Selbsthilfe bis hin zu Gruppen wie ADTKD Vision Cure, der aHUS-Selbsthilfe bis zur M. Fabry Selbsthilfe – sie alle eint das Ziel, Betroffene zu unterstützen, die Versorgung aktiv mitzugestalten, Forschung zu fördern und die gesellschaftliche Aufmerksamkeit zu erhöhen. Viele berichteten davon, dass bei ihren Mitgliedern die Krankheit häufig erst nach einer diagnostischen Odyssee erkannt wurde.

Referenzzentren wie das CeRKiD seien aus Sicht der Betroffenen sehr wichtig, um die notwendige medizinische Expertise vorhalten zu können und die Betroffenen interdisziplinär betreuen zu können. Dass neben der medizinischen Therapie auch eine psychosoziale Betreuung fester Bestandteil der Versorgung sein sollte, betonte Isabelle Jordans vom Bundesverband Niere. Der Verband unterstützt Betroffene dabei sehr konkret. Die Entwicklung neuer Therapie-verfahren wurde von den Vertretern der Selbsthilfegruppen sehr begrüßt und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass für viele seltene Krankheiten spezifische Therapien bislang fehlen. Bemängelt wurde auch die katastrophale Situation in Hinblick auf Organtransplantationen in Deutschland. Menschen mit seltenen Nierenkrankheiten entwickeln leider nicht nur häufig ein Nierenversagen, sondern im Mittel auch früher als andere Nierenkranke und sind deshalb in besonderer Weise auf die Möglichkeit einer Nierentransplantation angewiesen.
In den anschließenden Selbsthilfegruppen-Treffen sowie während der Pausen mit Posterständen hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, sich untereinander auszutauschen, Kontakte zu knüpfen und voneinander zu lernen. Dabei wurde sehr deutlich, wie ähnlich die Anliegen und Herausforderungen der jeweiligen Gruppen sind, auch wenn die einzelnen Krankheiten sich verschiedenen manifestieren.
Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine von der Geschäftsführerin der
Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN),
Nicole Helmbold moderierte Podiumsdiskussion. Zusammen mit Referierenden und den Vertreterinnen und Vertretern der Selbsthilfegruppen diskutierten Frau
Prof. Grüters-Kieslich als Vertreterin der
Eva Luise und Horst Köhler Stiftung und
Prof. Peter Kühnen als Vertreter des
Berliner Centrums für Seltene Erkrankungen. Die Diskussionsteilnehmer lobten die zunehmende Wahrnehmung seltener Erkrankungen und hoben die hervorragenden Voraussetzungen für genetische Diagnostik in Deutschland hervor. Kritisch wurde u.a. der
Mangel an robusten Registern gesehen, durch den das Wissens über Häufigkeit und natürlichen Verlauf der Erkrankungen limitiert ist. Andere Europäische Länder seien diesbezüglich deutlich besser aufgestellt. Hier sei die
Politik dringend gefordert, eine Strategie zu entwickeln, damit nationale Register verpflichtend eingeführt werden, die dann auf Europäischer Ebene zusammengeführt werden können.
Mit dem Tag für Patientinnen und Patienten hat das CeRKiD in Berlin erstmals eine wertvolle Plattform für den Austausch mit von seltenen Nierenkrankheiten Betroffenen, Selbsthilfegruppen und anderen Organisationen geschaffen, um sie untereinander und mit Ärztinnen und Ärzten zusammenzubringen. Das gemeinsame Ziel ist es, die Versorgung für Menschen mit seltenen Nierenerkrankungen weiter zu verbessern und die wichtige Vernetzung untereinander nachhaltig zu stärken. Der nächste Patientinnen- und Patiententag ist schon heute geplant, für den 27.06.2026.